Jeder Verein probiert, neuen und möglichst erfolgreichen Nachwuchs zu gewinnen. Einige Vereine greifen dafür auf Arbeitsgemeinschaften (AGs) an Schulen zurück. Doch was bringen sie überhaupt?

Wie laufen solche AGs eigentlich ab?

Natürlich kann man nicht pauschal sagen, wie AGs an Schulen organisiert werden. In der Regel ist die Voraussetzung, dass es eine Kooperation, vielleicht sogar einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Verein gibt. In manchen Fällen sind Trainer*innen aus dem Verein auch Lehrer*innen an einer Schule und können diese beiden Dinge verbinden – angemerkt: eine ziemlich coole Situation! Ein Vereinsvertreter kann dadurch in der Schule meist direkt im Anschluss an den Unterricht eine Sportgruppe leiten, um so vielleicht auch neue Talente für den Verein finden.

Eine AG ist in der Regel viel Aufwand und auch für viele Vereine schwer: Dadurch, dass die AGs meist im Anschluss an die reguläre Unterrichtszeit stattfinden, sind die AG-Zeiten sehr früh, was für arbeitende Trainer*innen schwierig abzudecken ist. Hinzu kommt, dass mit den Schulen vorher intensiv gesprochen werden muss. Um mit Kindern zu arbeiten, muss man gegebenenfalls verschiedene Nachweise, wie ein polizeiliches Führungszeugnis, erbringen. Manche Vereine haben das Glück, dass sie festangestelltes Personal haben, das die AGs leiten kann, wie beispielsweise Trainer*innen oder professionelle Spieler*innen. Aber lohnt sich so ein Aufwand überhaupt?

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Grundsätzliches Problem: Wie kommen die Spieler*innen in Vereine?

Das große Problem ist, dass eine AG nur für eine sehr begrenzte Anzahl an Kindern zur Verfügung steht. Meist sind sie – sinnvollerweise – nur für wenige junge Klassenstufen geöffnet. Hinzu kommt, dass sie hauptsächlich nur einmal pro Woche angeboten werden. Und: AGs sind sehr bequem. Die Schüler*innen können direkt nach der Schule in ihrer Schulturnhalle Volleyball spielen. Und genau da liegt der Knackpunkt.

Falls der Verein nicht in der Schulturnhalle trainiert, wird es schwierig, dass die Schüler*innen aus ihrer Komfortzone kommen. Wieso sollten sie jetzt auch einen weiteren Weg in Kauf nehmen, wenn sie doch einfach nach der Schule zur AG gehen können? Sie jetzt dazu zu bewegen, mehrmals pro Woche später am Nachmittag in eine andere Halle zu fahren – oder sich fahren zu lassen – um zu trainieren, kann daher zum Problem werden.

Beispiel eine Sichtungsveranstaltung beim VC Wiesbaden (Foto: TrainerMOOC)

Es gibt bessere Alternativen. Oder?

Hinzu kommt, dass die Schüler*innenzahl, die man innerhalb von AGs sichten kann, auch relativ begrenzt ist. Zwar hängt das auch von der Schulgröße ab – hier in Thüringen haben wir relativ kleine Schulen mit etwa 400 Schüler*innen, und das ist schon recht groß – dennoch stellt sich die Frage, ob es nicht bessere Methoden gibt, um viele potentielle Nachwuchstalente in den Verein zu holen.

Sichtungen zum Beispiel. Indem man ein- oder mehrmals im Jahr in die Schulen geht, um in den für den Verein wichtigen Klassenstufen kleine Unterrichtseinheiten zu geben – ein Beispiel, was man alles machen kann, findet ihr hier – spart man Ressourcen, denn man muss im besten Fall nur einmal in die Schule. Und trotzdem erreicht man eine große Anzahl an Kindern. Damit die Kinder auch in den Verein kommen, müssen sie jetzt auch direkt einen weiteren Weg nehmen und kommen somit gar nicht in einen gewissen Luxus, einfach in die anliegende Schulturnhalle zu gehen.

Und Sichtungen bieten noch einen weiteren Vorteil: Dadurch, dass es ein einmaliges Ereignis ist, ist es für die Kinder auch besonders. Es kommen Expert*innen aus den Sportarten zu ihnen in die Schule, die super vorbereitet sind und eine spaßige Sportstunde halten. Sie freuen sich darauf! Bei einer AG kann die Freude mit der Zeit vergehen und Volleyball bleibt unter Umständen nichts Besonderes mehr: eine weitere Schwierigkeit, die Kinder in den Verein zu holen.

Diskussion: Also keine AGs mehr anbieten?

Ja und nein. AGs haben natürlich auch Vorteile. Zunächst sind sie eine stabile Größe und führen vielleicht auch dazu, dass sich die Qualität des Angebots rumspricht, sodass sich die Schule zu einer Talentschmiede entwickeln kann. Solche Partnerschaften können durchaus sinnvoll und hilfreich sein. Außerdem haben AGs dadurch, dass sie kostenlos sind und man sie leicht besuchen kann, auch den Vorteil, dass dadurch mehr Hemmungen abgebaut sind und Kinder sich eher dazu überwinden, unseren Sport auszuprobieren – und dabei als mögliche Talente entdeckt werden können. Durch AGs kann man auch intensiveren Kontakt zu den Lehrpersonen vor Ort aufbauen, was wiederum dazu führt, dass sie als Unterstützer weitere Kinder empfehlen können.

Das Thema ist also recht kompliziert und letztlich muss jeder Verein seine individuelle Situation berücksichtigen. Eine AG bleibt aufwändig und wenn man nur begrenzte Ressourcen hat, sollte man eher zunächst in Sichtungen investieren. Auch in größeren Vereinen haben AGs teilweise weniger Relevanz als Sichtungsveranstaltungen. Aber AGs repräsentieren unsere Sportart: Wenn also eine Schule sowieso eine AG hat, kann es durchaus sinnvoll sein, sie zu unterstützen und sie auch qualitativ hochwertig anzubieten.

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Über den Autor
Norman Hüttner ist A-Trainer und Mitglied im Bundesausschuss Bildung und Wissenschaft des Deutschen Volleyball-Verbands.