Nachdem wir im letzten Teil unserer Serie gesehen haben, welche Gefahren in Feedback stecken können, wollen wir nun einen Blick darauf werfen, wie man Feedback förderlich einsetzen kann. Sollte ich Rückmeldung zu einem einzelnen Fehler geben? Oder sollte ich Fehler zusammenfassen und am Ende von einigen Durchgängen zusammenfassen? Sollte ich überhaupt Rückmeldungen zu bereits vergangenen Fehlern geben?

Tipp 1: Wähle einen geeigneten Standort!

Um zu vermeiden, dass man Fehler nicht erkennt oder eine richtige Bewegung als falsch bewertet, ist es wichtig, dass man die Bewegungsausführung gut beurteilen kann. Die beste Positionierung als TrainerIn hängt von der zu beobachtenden Bewegung ab. In der Regel sollte man senkrecht zur Hauptbewegungsrichtung stehen – dadurch kann man die entscheidenden Bewegungsmerkmale also sozusagen von der Seite sehen. Wenn man beispielsweise beobachten möchte, ob der oder die AngreiferIn beim Armschwung den Ellenbogen auf Schulterhöhe zurückführt, sollte man sich auf der Seite des Schlagarms so positionieren, dass der Anlauf seitlich gesehen werden kann.

Dabei sollten sich die TrainerInnen allerdings nicht zu nah an zu beobachtender(n) SpielerIn befinden: Die Position sollte so gewählt werden, dass alle wichtigen Bewegungsmerkmale ohne Blicksprünge beobachtet werden können.

Möglicher TrainerInnenstandort bei Beobachtung des Angriffsschlags

Aber: Es kommt darauf an, was das Ziel der Beobachtung ist! Im Block kann man beispielsweise von hinten sehen, ob die Hände nebeneinander sind und ein möglicher Doppelblock geschlossen ist. Ob die SpielerInnen ihre Hände über das Netz schieben und den richtigen Abstand zum Netz halten, kann von diesem Standort aus allerdings schlecht beurteilt werden – dazu sollte man sich seitlich neben dem Netz befinden.

Tipp 2: Kenne die Techniken und Taktiken!

Auch wenn es klar scheint: wie die korrekte Technik aussieht, sollten TrainerInnen wissen, um sie korrigieren zu können – gleiches gilt für den taktischen Bereich. Einfach ausgedrückt: Wenn man nicht weiß, was beobachtet werden soll oder womit das Beobachtete verglichen werden soll, kann man das Beobachtete auch nicht korrigieren. TrainerInnen sollten sich daher ständig mit der Weiterentwicklung ihres technisch-taktischen Verständnisses beschäftigen.

Tipp 3: Hierarchisiere Fehler!

Das bedeutet, dass TrainerInnen die Fehler in eine Reihenfolge bringen sollten. In welche, ist allerdings stark von der entsprechenden Technik abhängig. Im Bereich des Volleyballs gibt es dazu wenige bis keine Studien – in der Regel ist aber der Fehler entscheidend, der zeitlich am frühsten auftritt. In der Annahme sind beispielsweise zunächst Fehler in der Laufarbeit entscheidend dafür, ob ein Ball gut beim Zuspieler ankommt – danach sind die Spielbrettvorbereitung und das Spielbrett selbst entscheidend.

Doch nicht nur der zeitliche Aspekt ist entscheidend: So wäre es auch denkbar, dass SpielerInnen beim Angriffsschlag den Ellenbogen nicht nach hinten führen, gleichzeitig aber auch den anderen Arm nicht mit nach oben nehmen. Hier wäre eventuell zeitlich der Schwungarm entscheidend. Allerdings ist das fehlende Rückführen des Ellenbogens problematischer und unter Umständen könnte eine Korrektur des Schlagarmes dazu führen, dass die SpielerInnen den anderen Arm jetzt sowieso mit hochnehmen, da sie sonst das Gleichgewicht nicht mehr halten können (Studie mit einem Skisimulator: Den Brinker et al., 1986).

Allerdings hat sich gezeigt, dass für diesen Bereich dringend weitere Forschung notwendig ist!

Tipp 4: Fülle die Zeit zwischen Feedback und Aktion sinnvoll

Grundsätzlich gibt es zwei relevante Zeitspannen: eine zwischen erster Aktion und dem Feedback und eine zwischen Feedback und nächster Aktion. Zusammenfassend zeigt sich:

  • Es kann förderlich sein, SpielerInnen nach einer Aktion zu befragen, wie sie ihre Aktion einschätzen, also welche Fehler sie aus ihrer Sicht gemacht haben. So kann man nach einem ausgeführten Aufschlag fragen, was die SpielerInnen denken, was sie falsch gemacht haben oder was sie besser machen sollten, gibt dann selbst Feedback und schickt sie in den nächsten Versuch.
  • Zwischen den Aktionen sollten keine anderen „unähnlichen“ Übungen gemacht werden. Die Literatur ist hier volleyballunspezifisch und das Gebiet relativ wenig erforscht: Studien zeigen, dass motorische (Bewegungsaufgaben) oder kognitive (z. B. Rechnen) Aufgaben einen negativen Einfluss auf das Erlernen einer neuen Technik haben können, wenn sie zwischen zwei Aktionen gelöst werden sollen (Marteniuk, 1984) – es entsteht eine sogenannte Interferenz. Das bedeutet, dass eine Aufgabe die andere Aufgabe „überlagert“ und damit beeinflusst. So könnte man sich vorstellen, dass es den Lernfortschritt eines Zuspielers behindern würde, wenn man ihm nach jedem Zuspiel eine Denkaufgabe, eventuell taktische Aufgaben stellen würde. Wie es mit anderen technischen Aktionen aussieht – also nach einem Zuspiel einen Aufschlag zu machen – ist so konkret nicht zu beantworten.

Generell empfehlen wir daher, den Trainierenden die Möglichkeit zu geben, Aktionen zu wiederholen, um etwaige Fehler direkt korrigieren zu können.

Tipp 5: Fasse Feedback zusammen!

Auch wenn es zunächst nicht logisch klingt, empfiehlt es sich, Feedback zeitverzögert rückzumelden. Wenn man beispielsweise Feedback zum ersten Versuch nach dem dritten, zum zweiten nach dem vierten, usw. gibt, findet man stärkere Lerneffekte als wenn direkt nach jedem Versuch Feedback gegeben wird (Anderson, Magill & Sekiya, 1994). Warum ist das so?

Beispiel für zeitverzögertes Feedback zu jedem Durchgang

Erklärungen hierfür könnten sein, dass sich SpielerInnen stärker mit eigenen Versuchen auseinandersetzen müssen – sie müssen sich hier im Beispiel die letzten drei Versuche im Kopf behalten. Allerdings stellt diese Feedbackmethode in der Praxis für TrainerInnen ebenfalls eine Herausforderung dar: Sie müssen sich ebenfalls Fehlerbilder der letzten Versuche merken.

Beispiel für zusammengefasstes Feedback

Eine handhabbare und ebenfalls effektive Strategie ist das Zusammenfassen von Feedback. Das bedeutet, dass man nach einer bestimmten Anzahl von Versuchen diese zusammengefasst rückmeldet – ob als Durchschnitt oder jeden einzelnen separat, hängt davon ab, was rückgemeldet wird. Für komplexere Bewegungen sollte man nach wenigen Wiederholungen Feedback geben (z. B. nach fünf Versuchen) als bei einfacheren Bewegungen (z. B. nach zehn).

Fazit

Schon nach den beiden ersten Teilen unserer Feedback-Serie zeigt sich, dass es einige Mythen gibt. Das kommt daher, dass im Sport verschiedene Philosophien übernommen und weitergetragen werden, ohne dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen und in die Praxis umgesetzt werden. Teilweise sprechen aktuelle Forschungsergebnisse allerdings gegen die Praktiken in den Sporthallen.

Allerdings können wir hier nur einen kleinen Einblick in ein weites Gebiet geben.

In den kommenden Teilen geben wir Einblicke in das videogestütze Feedback und Beobachtungsbögen, die die Fehlerkorrektur enorm erleichtern können.

Literatur

Weiterführende Lehrbücher und Buchkapitel

Magill, R. A. (2007). Motor Learning and Control (8th edition). New York, NY: McGraw-Hill.

Munzert, J. & Hossner, E.-J. (2008). Lehren und Lernen Sportmotorischer Fertigkeiten. In J. Beckmann & M. Kellermann (Hrsg.). Enzyklopädie der Psychologie: Sportpsychologie – Band 2: Anwendungen der Sportpsychologie (S. 177-255). Göttingen: Hogrefe.

Schmidt, R. & Lee, T. (2011). Motor Control and Learning (5th edition). Champaign, IL: Human Kinetics.

Hinweis: Der Text basiert insbesondere auf diesen drei Lehrbüchern und Lehrbuchkapiteln. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden nur die spezifischen Einzelstudien zitiert – der Text als Gesamtes baut aber auf eben diesen genannten auf.

Einzelnachweise

Anderson, D. I., Magill, R. A., & Sekiya, H. (1994). A reconsideration oft he trials-delay of knowledge of results paradigm in motor skill learning. Research quarterly for exercise and sport, 65(3), 286-290. https://doi.org/10.1080/02701367.1994.10607630

Den Brinker, B. P., Stäbler, J. R., Whiting, H. T., & Van Wieringen, P. C. (1986). The effect of manipulating knowledge of results on the learning of slalom-type ski movements. Ergonomics, 29(1), 31-40. http://dx.doi.org/10.1080/00140138608968238

Marteniuk, R. G. (1984). Information Processes in Movement Learning: Capacity and Structural Interference Effects. Journal of Motor Behavior, 18(1), 55-75. https://doi.org/10.1080/00222895.1986.10735370

Über den Autor
Norman Hüttner ist A-Trainer und Mitglied im Bundesausschuss Bildung und Wissenschaft des Deutschen Volleyball-Verbands.

Titelbild: Detlef Gottwald


2 Kommentare

Ralf Kraft · 18. November 2019 um 16:58

Vielen Dank für den Artikel! Was ich immer schwierig finde, ist die Frage, wieviel Toleranz, wieviel Eigenheiten darf ich beim SpielerIn zulassen. Jeder Spieler hat seine Eigenheiten (Ticks), die nur sehr schwer abgewöhnt werden können. Es gibt Trainer die die Meinung vertreten, dass nur das Ergebnis zählt und wenn z.B. die Angabe über das Netz geht, dann kann ich diesen Tick tolerieren. Andere sagen, dass Spieler so nahe wie möglich am Leitbild bleiben sollen, damit Sie sich einfacher weiter entwickeln können … Was ist deine Meinung?

    Volleyball TrainerPortal · 26. November 2019 um 17:05

    Vielen Dank für deinen Kommentar! Im Grunde ist es gut, wenn eine Technik – wie auch immer sie aussieht – erfolgreich ist. Das Problem ist, dass eine Technik durchaus auch einen weiteren Fortschritt verhindern kann. Bis zu einem bestimmten Grad fällt das nicht auf. Wenn man beispielsweise im Aufschlag „stößt“, kann es durchaus sein, dass es in der Jugend, vielleicht auch im unteren Leistungsbereich erfolgreich ist. Ab einem gewissen Leistungsniveau wird die Person aber daran gehindert, sich weiter zu verbessern. Für die Person wird es nicht möglich sein, einen Aufschlag mit gutem Druck zu spielen. Das nennt man „motorische Sackgasse“. Das motorische Leitbild, wie auch im aktuellen Lehrbuch von Dr. Jimmy Czimek aufgeführt, versprechen im Prinzip, dass man sich (theoretisch) optimal bis hin zum höchsten Leistungsniveau entwickeln kann.

    Das Thema rund um die Nähe zum technischen Leitbild und eventuelle individuelle Abweichungen davon ist ein sehr komplexes und auch aktuell weit diskutiert. Insgesamt hängt es insbesondere davon ab, wie stark die Abweichung von der optimalen Bewegungsausführung ist. Von daher kann es natürlich im Einzelfall sein, dass man eine minimale Abweichung als Trainer tolerieren kann, weil sie nicht leistungsbegrenzend ist.

    Ich hoffe, diese Antwort hilft dir weiter!

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