Von Verena Steinbacher
Eines ist wohl jeder/m Trainer*in im weiblichen Jugendleistungsbereich, aber auch bis in die Bundesliga bewusst: Die Wichtigkeit eines effektiven, druckvollen Aufschlags.
Dabei kann man es nicht oft genug betonen: Mit dem Aufschlag wird der Ball ins Spiel gebracht, der erste Ballkontakt kann damit schon über die Entwicklung des ganzen Ballwechsels entscheiden.
Welche Aufschlagarten treffen wir jedoch momentan deutschlandweit am häufigsten im weiblichen Bereich an und wie ist die internationale Tendenz?
- Die wohl am häufigsten verbreitete Aufschlagstechnik hierbei ist der so genannte Sprungflatter-Aufschlag (Jump-Float). Wie der Name schon verrät, möchte man den Ball zum ‚Flattern‘ bringen und eine möglichst unvorhersehbare Flugkurve erzeugen. Wie genau das passieren kann, werden wir folgend analysieren.
- Des Weiteren trifft man im weiblichen Bereich, vor allem international, immer öfter auf den Sprungrotations-Aufschlag, den man so typischerweise aus dem Herrenbereich kennt. Hierbei soll durch möglichst viel Kraft- und Beschleunigungseinwirkung der Ball auf eine hohe Geschwindigkeit gebracht werden. Dieser Aufschlag ist häufig fehleranfällig, momentan jedoch international im Frauenvolleyball im Trend, was wohl auch mit der Zunahme der Athletik und Geschwindigkeit des Spiels im weiblichen Bereich zusammenhängt.
- Vereinzelt findet sich in Deutschland auch noch Standflatter-Aufschläge wieder, z. B. in Dresden, genauso wie Hybridversionen, z. B. Anlauf im Sprungflatter und Rotation im Ball oder andersrum.
Wichtig bei der richtigen Auswahl des Aufschlags bzw. bei der Technikerlernung im Jugendalter ist das Erkennen der ‚richtigen‘ Aufschlagsart für die individuelle Spielerin. Natürlich wünscht man sich als Trainer*in eine Spielerin, die jegliche Aufschlagsarten beherrscht, oftmals passen einzelne Arten jedoch nicht in das Bewegungsmuster oder -profil der einzelnen Aufschlägerin.
Als Jugendleistungstrainerin versuche ich den Fokus meines Trainings auf das Element ‚Aufschlag – Annahme‘, und damit die ersten zwei Ballkontakte pro Ballwechsel zu legen. Die Wichtigkeit wird einem oft erst bewusst, sobald man eine Spieltaktik erarbeitet oder nur High Balls über die Vier spielen kann. Meine Zuspielerin kann nur unter erschwerten Bedingungen ein variables Angriffsspiel aufbauen, wenn die Annahme nicht im positiven Bereich liegt.
Technikmerkmale des Sprungflatter-Aufschlags
Sprungflatter-Aufschlag
(Foto: Detlef Gottwald)Sprungflatter-Aufschlag
(Foto: Detlef Gottwald)Sprungflatter-Aufschlag
(Foto: Detlef Gottwald)
- Oftmals ein langgezogener 3er-Schritt, der dem Stemmschritt ähnelt, jedoch auch andere Anlaufmuster erkennbar.
Wichtig ist hierbei jedoch generell, dass sich die ‚Explosivität‘ des Anlaufschrittes nicht ändert, wenn man zum Beispiel auf eine bestimmte Länge aufschlagen möchte. - Anwurf erfolgt auf rechter Schulter bei Rechtshändern – Tendenz eher Richtung Mitte, als zu weit außen – und Abschlaghöhe sollte gestreckter Arm im Sprung (‚Ball fällt‘) sein.
- Die Hand geht wie an einer Schiene nach vorne und berührt den Ball maximal kurz und optimalerweise mittig (oftmals werden beim Erlernen Metaphern wie ‚heiße Herdplatte‘ benutzt) -> der Ball beginnt zu ‚flattern‘.
- Die Winkelausrichtung der Hand zum Ellenbogen ist nicht zu sehr nach oben geöffnet, sondern eher Verlängerung senkrecht zum Boden.
- Der Ball sollte von der Athletin ins Feld ‚begleitet‘ werden.
Die Bewegung des Float-Aufschlags sollte nicht zu früh abgebrochen werden, um auch den letzten Impuls auf den Ball noch ausnützen zu können. - Bei Schwierigkeiten in der Erlernung kann die Aufschlaghand noch vor Anlauf direkt geöffnet und nach hinten genommen werden
Von der Theorie in die Praxis
Übungstechnisch versuche ich im Jugendleistungsvolleyball vor allem mit möglichst hohen Wiederholungszahlen zu arbeiten, was auch bedeuten kann, dass die Athletinnen für einen gewissen Zeitraum nur isoliert ihre Aufschlagstechnik üben, und die einzige Bewegung neben dem Aufschlag der Wechsel der Hallenseiten nach 2-3 Aufschlägen ist.
Hier ist mir wichtig, dass wir eine konzentrierte Lernatmosphäre schaffen, und die Spielerinnen sich auch einmal ausprobieren können, z.B. was passiert, wenn die Hand steiler aufgestellt ist. Kontinuierliches Feedback ist hierbei ausschlaggebend (!) und die Übungsform sollte nicht zu lange gehen.

Erweitern lässt sich das ‚stupide Wiederholen der Aufschlagtechnik‘ natürlich durch das Einzeichnen der Schnittstellen (1 und 6 sowie 5 und 6), durch Zonen, wohin die Spielerinnen aufschlagen sollen oder durch Stühle, die die einzelnen Annahmespielerinnen simulieren (die wir natürlich nicht treffen wollen). Das kann ich dann leicht in eine Spielform erweitern, wenn ich zum Beispiel Punkte vergebe für getroffene Schnittstellen.

Weiterführend kann ich Annahmespielerinnen statt Einzeichnungen oder Stühle dazunehmen (Achtung: hohe Wiederholungszahl auch in der Annahme – vornehmlich mit 1 oder 2 Annahmespielerinnen arbeiten pro Seite!).
Außerdem kann man als Trainer*in den Aufschlag auch in 2 vs. 2 bis hin zu 6 vs. 6 in den Fokus heben, in dem man zum Beispiel 2 Punkte für einen direkten Aufschlagspunkt aka Ass vergibt oder – wenn man eine Aufschlagsserie simulieren möchte, weil man eine eigene gute Blockreihe hat – ein Fehler automatisch 2 Punkte für die Gegner gibt.
Dieselben Übungs- und Spielformen lassen sich auch für den Sprungrotationsaufschlag gut anwenden. Hierbei sollte man beachten, dass die Fehlerquote wohl höher sein kann und die Genauigkeit oftmals, gerade für junge oder unerfahrene Spielerinnen, ungenauer ausfällt, als beim Sprungflatteraufschlag.
Technikmerkmale des Sprungrotationsaufschlags
- Der Anwurf erfolgt mit Rotation und weiter nach vorne bzw. höher als beim Sprungflatter-Aufschlag. In den meisten Fällen wird mit der Schlaghand und damit einhändig angeworfen. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. Prinzipiell sollte im Vordergrund stehen, wie sich der/die Athlet*in ‚am Wohlsten‘ fühlt und welche Variante am Effektivsten ist.
- Um gerade anlaufen zu können und keine Ausgleichsbewegungen anwenden zu müssen, sollte der Ball über die Schlagschulter geworfen werden.
- Die Spielerin nähert sich durch die typische Stemmschritt-Bewegung dem Ball an und öffnet hierbei die Schulter und die Hüfte, um den Beschleunigungsweg zu verlängern und Kraft im Armzug zu erlangen.
- Die Spielerin schlägt den Ball am höchsten Punkt ab und zieht die Flugkurve in die Länge, was bedeutet, dass – im Vergleich zum normalen Angriffsschlag – der Ball ja weiterfliegen soll (in die gegnerische Spielhälfte) bevor er bestenfalls den Boden berührt.
- Der Arm wird nicht bei Berührung des Balls (vgl. Sprungflatter) gestoppt, sondern durchgeschwungen.
- Da die Spielerinnen tendenziell nach vorne springen, um die maximale Kraft zu generieren, landen sie oftmals im Feld.
Klassische Fehler lassen sich oftmals auf den Anwurf zurückführen (was übrigens auch für den Sprungflatter-Aufschlag gilt). Sobald der Anwurf ungenau und fehlerhaft wird, ist auch die Endbewegung im Aufschlag nur schwer korrekt auszuführen.
Über die Autorin
![]() | Verena Steinbacher ist A-Trainerin, Co-Trainerin der Juniorinnen-Nationalmannschaft und Stützpunktleiterin beim TSV TB München. |
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